data science to go

Bundestags Mining – Teil 4

Schauen wir uns mal den Teil der seltener vertretener Berufe an.

Detailfrage 9: Welche Berufe finden wir am unteren Ende der Häufigkeitsverteilung?

Selten vertretene Berufe: Handwerker (rosa), Unternehmer und Geschäftsführer (rot), Ärzte (grün) und Naturwissenschaftler (orange)

Die eigentlich gesellschaftlich hochrelevanten Gruppen der Ärzte bzw. Berufsmediziner, Handwerker und Naturwissenschaftler finden sich nur in kleiner Anzahl überhaupt im Bundestag vertreten. Beispielsweise stehen weniger als 20 Handwerker den über 120 Juristen gegenüber. Ähnlich sieht es mit den Naturwissenschaftlern aus: nur 25 Abgeordnete sind *insgesamt* als Chemiker, Pyhsiker, Mathematiker oder Informatiker im Bundestag, obwohl man davon ausgehen kann, dass ihre Expertise für einen sinnvollen Gesetzgebungsprozess in vielen Bereichen besonders wichtig wäre.

Aber auch andere, nicht akademische, Berufsgruppen fehlen fast völlig: Hausfrauen und andere systemrelevant Berufe etwa aus den Bereichen der Pflege, Kinderbetreuung und Gastronomie tauchen hier teilweise gar nicht auf.

Stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage in diesen wichtigen Bereichen überhaupt fachlich (und durch eigene Lebenserfahrung) fundierte Entscheidungen getroffen werden. Aus Sicht eines Softwareentwicklers kann ich jedenfalls feststellen, dass nicht alle Entscheidungen im Bereich Digitalisierung von Fachkompetenz und Realitätsnähe der Entscheider zeugen.

Erkenntnis: große nicht-akademische Berufsgruppen wie Hausfrauen und Handwerker sind im Bundestag nahezu nicht vertreten. Auf der anderen Seite fehlen gerade im akademischen Bereich die Berufsgruppen, in deren Fachbereichen die schwierigsten und teuersten (Fehl-)Entscheidungen getroffen werden: Mediziner, Naturwissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftler.

Jede dieser Tendenzen (Dominanz von Juristen und Lehrern, Abnahme der beruflichen Diversität, Abnahme der Beteiligung großer Berufsgruppen wie Hausfrauen, Agrarwirte und Ingenieure) zeigt in dieselbe Richtung: es findet eine zunehmende Monokultivierung des Bundestag in Richtung der gut gebildeten, gut verdienenden Akademiker statt, die meistens Juristen und Lehrer, in zunehemnden Maße auch Betriebswirte und Geisteswissenschaftler aber selten Mediziner oder oder Naturwissenschaftler sind. Der Anteil der Handwerker, „Arbeiter“ und Hausfrauen schrumpft und damit mutmaßlich auch das Verständnis des Lebensalltages dieser riesigen Bevölkerungsgruppen. Dass außerdem Mediziner, Natur- und Wirtschaftswissenschaftler zahlenmäßig keine großen Anteile stellen, dürfte unsachgemäße (und teure) Entscheidungen in diesen fachlich nicht trivialen Themen begünstigen.

1 Kommentar

  1. THO

    Sehr schöne Abendlektüre, vielen Dank dafür!

    Das ist die Mischung, die mein Data Science Herz aufgehen lässt:
    – wie die Analysen immer aufwendiger werden, weil noch kurz Word Embeddings, ein Dashboard oder Regexe eingebaut werden sollen
    – wie der Perfektionismus durchkommt und immer noch erklärt wird, dass ja alles nicht sauber ist und was man alles noch zusätzlich machen könnte
    – wie gleichzeitig aber doch ganz viele verschiedene Themen integriert werden, in diesem Fall gesellschaftlicher Natur (gendergerechte Berufe, Anteil an Single-Haushalten oder oder oder)
    – und am Schluss irgendwie der rote Faden noch da ist und die Handlungsempfehlungen rüberkommen

    Und ja, ich hätte 1000e Ideen, wo man nochmal reinschauen könnte. Beispielsweise nimmt der Anteil der Personen in Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft nun auch in der Gesamtbevölkerung ab (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/242856/umfrage/bedeutung-der-landwirtschaft-nach-anzahl-der-erwerbstaetigen/), was aber sicherlich nicht gegen die These spricht, dass keine repräsentative Vertretung vorhanden ist. Und warum dürfen Politiker nach einer Scheidung nicht wieder verheiratet sein? Und wollen wir überhaupt lieber ältere PolitikerInnen, weil sie mehr Erfahrung haben, oder lieber jüngere und ledige NaturwissenschaftlerInnen, die anders denken? Vielleicht checke ich doch lieber nochmal die wahl-o-mat Analyse von David Kriesel, da gibt es zumindest nur endliche Optionen 😉

    Und ja: Warum gibt es eigentlich kein Python-Paket, das gendern kann? Gibt es nicht schon genug Texte, bei denen man die Wortneuschöpfungen rausziehen könnte? Mit *chen, Innen oder sonstwas? Mal auf die endlose Liste guter Ideen setzen, vielleicht kommt ja mal so richtig schlechtes Wetter …

    Aber auch aus technisch-finanziellem Interesse: Warum kostet dein Dashboard nur in ECR und nichts in ECS? Gibt es da keine Run Costs? Das Dashboard ist ja immerhin öffentlich erreichbar und nutzbar und der Container läuft doch bestimmt auch dauerhaft.

    Zum Schluss, completely unrelated, warum fehlt im Seitentitel und Footer das R? Das triggert mich 😉

    Also Danke nochmal, war schön zu lesen.

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